none

Strukturelles Empowerment thematisiert die Bedingungen von Organisationsstrukturen im Kontext der Befähigung von Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen. Hierbei liegt der Fokus nicht auf der Befähigung von Individuen in Organisationen und deren subjektiven Wahrnehmungen von Gefühlen und Gedanken. Strukturelles Empowerment fokussiert sich auf die Organisationsstrukturen und die damit verbundenen Arbeitsgestaltungen (Heßler 2017, 4-5).

Die strukturelle Befähigung, wie strukturelles Empowerment auch genannt wird, ist nach Spreitzer sehr stark von einem demokratischen Grundsatz geprägt (Spreitzer 2008, 3). Auch Schermuly und Meyer beschreiben strukturelles Empowerment als Machtteilung zwischen allen Hierarchieebenen innerhalb einer Organisation. Schermuly und Meyer führen an, dass im Zuge des strukturellen Ansatzes, unteren Hierarchieebenen mehr Verantwortung zugesprochen werden soll (Schermuly und Meyer 2016, 674).

„Strukturelles Empowerment ist von einem demokratischen Grundsatz geprägt“

Spreitzer erklärt auch, dass strukturelles Empowerment mögliche Ungleichgewichte zwischen dem Herrschaftsproblem und dem Verteilungsproblem verhindern soll (Spreitzer 2008, 3-4). Das Herrschaftsproblem thematisiert die Frage, wer in einer Organisation übergeordnete Entscheidungen treffen darf. Wer entscheidet welche Vergütungen wem zugesprochen werden und wer welchen Arbeitsaufwand zu vollrichten hat – dies sind unter anderem Fragen, welche dem Herrschaftsproblem zugeordnet werden.

Das Verteilungsproblem beschäftigt sich mit der Frage, wie zum Beispiel Gewinne aus einem gemeinsam erwirtschafteten Überschuss verteilt werden. Oder auch mit der Frage, wer welche Arbeit und damit verbundenen Aufwand zu verrichten hat. Organisationen haben unterschiedliche Ansätze, wie diese Fragen intern beantwortet und somit umgesetzt werden (Scholl 2007, 516).

„Strukturelles Empowerment stellt die Macht- sowie Herrschafts-Aufteilung in Unternehmen infrage.“

Nach Schermuly kommt es bei der Lösung des Herrschafts- und Verteilungsproblems oftmals zu einem Ungleichgewicht zwischen den unterschiedlichen Hierarchieebenen in einer Organisation. Demnach bündeln vor allem traditionell orientierte Unternehmen die Entscheidungsgewalt an der Spitze der Organisation. Als Spitze der Organisation versteht Schermuly den Vorstand, die Geschäftsführung oder nachgeordnete Führungskräfte.

Als Beispiele für traditionelle Unternehmen werden DAX-Unternehmen angeführt. Schermuly verweist hinsichtlich der Ungleichgewichte zwischen Herrschafts- und Verteilungsprobleme auf eine Studie aus dem Jahr 2011, wonach die Geschäftsführung von DAX-Unternehmen im Durschnitt das 53-Fache von deren Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verdienen (Schermuly 2019, 56).

„Die Geschäftsführung von DAX-Unternehmen hat im Jahr 2011 durchschnittlich das 53-Fache von Mitarbeitenden verdient.“

Nach Spreitzer soll strukturelles Empowerment das Herrschafts- und Verteilungsproblem in Organisationen demokratisch lösen (Spreitzer 2008, 3-4). Eine Maßnahme, die dieser Auffassung entspricht, ist zum Beispiel das Einführen einer flachen Organisationsstruktur, sodass Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen mehr Entscheidungsfreiheiten zugesprochen werden und weniger Führungsebenen bestehen.

Ein weiteres Beispiel für eine demokratisch Motivierte Lösung nach Spreitzer wäre die Einführung von teilautonomen Arbeitsgruppen. So werden insbesondere in der Produktion Personengruppen gebildet, welche eine ganzheitliche Aufgabe zugeschrieben bekommen und diese selbstorganisiert und mit einem höheren Anteil an Eigenverantwortung umsetzen (Schermuly 2019, 57).

„Strukturelle Befähigung kann zB. durch Demokratisierungsmaßnahmen ermöglicht werden.“

Kühl beschreibt eine weitere Demokratisierungsmaßnahme, bei der Führungskräfte durch Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gewählt werden und diese auch abgewählt werden können (2015, 20). Er verweist dabei auch auf die bereits seit den 1970er Jahren existierenden Maßnahmen der selbstverwalteten Betriebe. Hierbei handelte es sich um einen Unternehmensansatz, bei dem „der Besitz von Kapital und das Erbringen von Arbeitskraft bei den gleichen Personen zusammenfallen soll“ (Kühl 2015, 20). Diese Idee wird im Kontext von strukturellen Befähigungsansätzen teilweise herangezogen (Schermuly 2019, 57).

„Auch Zugangsmöglichkeiten von allgemeinen Unternehmensressourcen kann als strukturelle Befähigung verstanden werden.“

Monje Amor, Abeal Vázquez und Faíña beschreiben strukturelles Empowerment nicht nur wie zum Beispiel Heßler (2017, 4) im Kontext von Befähigung von Personen mittels Organisationsstrukturen , sondern auch mittels Zugangsmöglichkeit von allgemeinen Unternehmensressourcen (2020, 170). Demnach können Unternehmensressourcen zum Beispiel Unternehmensinfrastruktur, Zugang zu Unternehmenswissen oder auch Kontakt zu Kollegen und Kolleginnen sein. Strukturelle Befähigung wird demnach auch ermöglicht, wenn Personen in Organisationen verstärkt Zugang zu Unternehmenswissen und Karriereentwicklungsmaßnahmen erhalten. Bei strukturellem Empowerment nach Monje Amor, Abeal Vázquez und Faíña, stehen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen Ressourcen in Form von Zugängen zu materiellen, Zeit- sowie Geld-Ressourcen zur Erfüllung von Unternehmenszielen zur Verfügung (Monje Amor, Abeal Vázquez, und Faíña 2020, 170).

Mehr Informationen zu Maßnahmen und Auswirkungen von strukturellem Empowerment können hier gefunden werden:

  • Was ist ein demokratisiertes Unternehmen?
  • Was ist eine Holokratie?
  • Wie gestaltet man Arbeit mittels agilen Methoden?

 

Quelle: Auszug aus der Masterarbeit zu New Work von Simon Löwy